Julian Stingele erhält Alfried Krupp- Förderpreis für junge Hochschullehrer 2018
Münchner Biochemiker erforscht Reparaturmechanismen geschädigter Erbsubstanz
Essen, 19. Juni 2018. – Die „Reparatur“ geschädigter Erbsubstanz ist das Forschungsgebiet des Biochemikers Julian Stingele, der in diesem Jahr mit dem Alfried Krupp-Förderpreis für junge Hochschullehrer ausgezeichnet wird. Der 34-jährige Wissenschaftler, seit Oktober 2017 Professor für Zelluläre Biochemie am Genzentrum der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), hat bereits im Rahmen seiner Promotion bahnbrechende Entdeckungen gemacht, die in der Biomedizin als richtungsweisend für die Krebs- und Alternsforschung gelten.
Der Alfried Krupp-Förderpreis ist mit 1 Mio. € dotiert und ermöglicht es dem Preisträger, seine Forschungen in den kommenden fünf Jahren unabhängig von öffentlichen Mitteln voranzutreiben. Den Auswahlgremien der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung hatten insgesamt 41 Kandidatenvorschläge von Universitäten und Forschungseinrichtungen aus ganz Deutschland vorgelegen. „Professor Stingele hat das Kuratorium und den Wissenschaftlichen Beirat der Stiftung außerordentlich beeindruckt“, sagte Ursula Gather, die Kuratoriumsvorsitzende der Krupp-Stiftung. Er sei ein Nachwuchsforscher, dem großes Potenzial zugeschrieben werde und dessen Forschungsansätze umfangreiche Möglichkeiten für die Entwicklung neuartiger Therapieansätze in der Medizin eröffneten.
Die Auszeichnung wird im November im Rahmen einer feierlichen Veranstaltung in der Villa Hügel, Essen, überreicht.
Der Schwerpunkt der Forschung
Julian Stingele befasst sich mit biomedizinischer Grundlagenforschung, dem – wie er selbst sagt – „zurzeit spannendsten und dynamischsten Forschungsfeld überhaupt“. Im Mittelpunkt seiner
Forschung stehen die Erbsubstanz – die DNA – und deren Schädigungen sowie die Mechanismen, mit denen DNA-Schäden rückgängig gemacht, also „repariert“ werden können.
Die Instabilität und Schädigung der DNA sind ursächlich für die Entstehung von Krebs und tragen wesentlich zu zellulären Alterungsprozessen bei. Besonders schädliche Strukturen entstehen durch die Verbindung von DNA und Eiweißen (Proteinen), sogenannte DNA-Protein-Crosslinks (DPCs). Wie Zellen diese Bedrohungen bekämpfen, war bisher unbekannt. Julian Stingele entdeckte ein völlig überraschendes zelluläres Reparatursystem, das mithilfe eines bestimmten Enzyms genschädigende DPCs zerlegt und damit neutralisiert. „Julian Stingeles Forschungen sind einzigartig, außergewöhnlich und von enormer Wichtigkeit“, so Professor Karl-Peter Hopfner, Leiter des Genzentrums an der LMU München. „Sie haben weitreichende Konsequenzen für unser Verständnis der Krebsentstehung und des Alterns“.
Entgegen der Intuition kann das gezielte Auslösen von Schädigungen der DNA zur Krebsbehandlung genutzt werden. Fast die Hälfte aller Chemotherapien beinhaltet die Gabe von Wirkstoffen, die DPCs auslösen und dadurch Krebszellen töten. Julian Stingele untersucht, wie sich Krebszellen dagegen wehren, um diese Abwehrmechanismen später gezielt in Krebszellen blockieren zu können. Sein Ziel ist es, dadurch Chemotherapien wirksamer zu machen. Gleichzeitig könnten damit auch belastende Nebenwirkungen reduziert werden.
Zur Person: Julian Stingele
Julian Stingele, in Stuttgart aufgewachsen, studierte Biologie an der Universität Konstanz. Bereits als Doktorand befasste er sich am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried vier Jahre lang intensiv mit der Frage, wie geschädigte Erbsubstanz von körpereigenen Mechanismen repariert wird, und was passiert, wenn diese natürlichen Reparaturmechanismen versagen. Anfang 2015 wurde er mit diesen Arbeiten an der LMU München mit der Bestnote „summa cum laude“ promoviert. Die Ergebnisse seiner Dissertation erschienen seinerzeit in einer der international führenden biomedizinischen Fachzeitschriften, dem Magazin „Cell“, und erregten große Aufmerksamkeit in der Fachwelt. Als Postdoktorand trieb er sein Forschungsgebiet zwei Jahre lang am renommierten Francis Crick Institute in London voran, von wo aus er einem Ruf an seine Alma Mater in München folgte. Am Genzentrum der LMU übernahm er im Oktober 2017 eine Professur für Zelluläre Biochemie.
Seine Forschungsarbeiten wurden unterstützt durch internationale Auszeichnungen wie ein zweijähriges Forschungstipendium der European Molecular Biology Organization („EMBO Long-Term Fellowship“) und ausgezeichnet mit dem Nachwuchsforscherpreis („Junior Research Award“) des Max-Planck-Instituts für Biochemie in Martinsried im Jahr 2014.
Kontakt für die Medien:
Prof. Dr. Julian Stingele, Ludwig-Maximilians-Universität München
Telefon: +49 -89-21 80 71 080
E-Mail: stingele@genzentrum.lmu.de
Alfried Krupp-Förderpreis für junge Hochschullehrer
Der Alfried Krupp-Förderpreis wird seit 1986 jährlich für Nachwuchswissenschaftler ausgeschrieben, die in den Bereichen Natur- und Ingenieurwissenschaften eine Erstprofessur an einer deutschen Hochschule innehaben. Er gehört zu den am höchsten dotierten Preisen für den wissenschaftlichen Nachwuchs und wurde bisher an 38 herausragende Nachwuchsforscherinnen
und -forscher vergeben.
Die mit 1 Mio. € dotierte Auszeichnung soll die Preisträger während eines Zeitraums von fünf Jahren in die Lage versetzen, sich unabhängig von öffentlichen Geldern ein verbessertes Arbeitsumfeld zu schaffen und ihre Arbeit in Forschung und Lehre voranzutreiben.
Die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung
Die gemeinnützige Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung ist das Vermächtnis von Dr.-Ing. E. h. Alfried Krupp von Bohlen und Halbach, dem letzten persönlichen Inhaber der Firma Fried. Krupp. Mit seinem Tod am 30. Juli 1967 und Dank des Erbverzichts seines Sohnes Arndt von Bohlen und Halbach ging sein Vermögen auf die Stiftung über.
Die Stiftung ist als Aktionärin mit rund 21 Prozent an der thyssenkrupp AG beteiligt. Sie hat insbesondere die Aufgabe, die ihr aus ihrer Unternehmensbeteiligung zufließenden Erträge für gemeinnützige Zwecke in den Bereichen Wissenschaft, Erziehung und Bildung, Gesundheitswesen, Sport und Kultur zu verwenden. Seit Aufnahme ihrer Tätigkeit im Jahre 1968 hat sie hierfür rund 665 Mio. € bewilligt.